Kein Entschädigungsanspruch für eine infolge der Corona-Pandemie verursachte Verlängerung eines finanzgerichtlichen Verfahrens

Vorliegender Fall

Eine Verzögerung beim Sitzungsbetrieb eines Finanzgerichts, welche auf den Beginn der Corona-Pandemie zurückzuführen ist, führt nicht zur Unangemessenheit der gerichtlichen Verfahrensdauer. So entschied der Bundesfinanzhof in einem Urteil.

Gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes hat ein an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligter dann einen eigenständig einklagbaren Entschädigungsanspruch, wenn ihm dadurch immaterielle Nachteile entstehen, dass sein Gerichtsverfahren nicht in angemessener Zeit beendet wird.

Im Regelfall geht der BFH bei der Frage der Angemessenheit der Dauer finanzgerichtlicher Verfahren von der Vermutung aus, dass der Finanzrichter die Pflicht hat, rund zwei Jahre nach dem Eingang der Klage konsequent auf die Erledigung des Verfahrens hinzuwirken.

Andernfalls kann ein Verfahrensbeteiligter, vorausgesetzt er rügt die Verzögerung des Verfahrens rechtzeitig, für jeden einzelnen Verzögerungsmonat eine Entschädigung von 100 Euro beanspruchen.

Im Streitfall hatte der Kläger im Rahmen seiner gegen Umsatzsteuerbescheide gerichteten Klage zwei Jahre nach Klageeingang eine Verzögerungsrüge wegen der Besorgnis erhoben, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird. Acht Monate nach der Durchführung seiner mündlichen Verhandlung wurde das Klageverfahren mit Zustellung des Urteils beendet.

Entscheidung des BFH

Die nachfolgend vom Kläger erhobene Klage, welche sich auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von 600 Euro richtete, wurde vom BFH abgewiesen.

Begründet wurde dies wesentlich damit, dass der Entschädigungsanspruch zwar unabhängig von einer Verschuldensfrage sei, sodass es nicht auf ein Verschulden der mit der Sache befassten Richter ankomme. Somit könne die unangemessene Verfahrensdauer auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass die Gerichte chronisch überlastet sind oder etwa eine angespannte Personalsituation gegeben ist.

 

Im vorliegenden Fall wurde dies vom BFH verneint. Einschränkungen des finanzgerichtlichen Sitzungsbetriebs seit März 2020 waren der Auslöser für die mehrmonatige Verzögerung des Ausgangsverfahrens, welche also Folgen der Corona-Pandemie und der zu ihrer Eindämmung ergriffenen Schutzmaßnahmen sein. Da andere öffentliche und private Einrichtungen und Betriebe ebenso betroffen gewesen seien, handele es sich hier also nicht um ein spezifisch die Justiz betreffendes Problem. Ein Organisationsverschulden im Hinblick auf die Vorsorge für die Aufrechterhaltung einer stets uneingeschränkten Rechtspflege kann den Justizbehörden also nicht vorgeworfen werden.

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