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Was bedeutet die Generalunternehmerhaftung
Wer einen Anftrag an einen Nachunternehmer vergibt haftet für die Sozialversicherungs- und Unfallversicherungsbeiträge des Nachunternehmers wie ein Bürge. Führt der Nachunternehmer keine Beiträge ab, haftet der Generalunternehmer.
Die Generalunternehmerhaftung richtet sich § 28e Abs. 3a bis Abs. 3 e SGB IV sowie § 150 SGB VII. Der Grund für die Generalunternehmerhaftung liegt in dem hohen Ausfall an Sozialversicherungsbeiträgen sowie Unfallversicherungsbeiträgen, im Wesentlichen in der Baubranche durch flächendeckende illegale Beschäftigung. Inzwischen wurde diese auf die Schlachterei- und Paketbranche erweitert. Die Hauptunternehmer sollen veranlasst werden ihren Subunternehmer gründlich zu prüfen.
Wer ist wann betroffen
Ursprünglich wurde die Generalunternehmerhaftung für Bauunternehmer konzipiert. Seit dem 23.11.2019 ist diese durch das Paketboten-Schutz-Gesetz auf die Branche der Kurier-, Express-, Paketdienste erweitert worden.
– Nachunternehmerhaftung Baugewerbe
– Nachunternehmerhaftung Kurier-, Express-, Paketdienste
– Nachunternehmerhaftung Fleischbranche
Betroffen sind Unternehmen die einen Gesamtwert von mehr als 275.000,00 Euro vergeben. Dabei beziehen sich die 275.000,00 Euro nicht auf die Summe der Aufträge, welche an einen spezifischen Subunternehmer vergeben werden, sondern auf die Summe aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Aufträge.
Beispiel: Bauunternehmr Löwe errichtet auftraggemäß ein Bürogebäude. Die Kosten für das Bürogebäude betragen 800.000,00 Euro. Hiervon vergibt er Aufträge im Wert von 300.000,00 Euro fremd. An Herr Maulwurf vergibt er das erstellen des Kellers für 100.000,00 Euro.
Lösung: Auch, wenn der Wert des an Herrn Maulwurf vergebenen Auftrages unter 275.000,00 Euro liegt haftet er, da der Wert aller fremd vergebenen Aufträge mit 300.000,00 Euro über 275.000,00 Euro liegt.
BSG, Urt. v. 26.10.2017 – B 2 U 1/15 R, BeckRS 2017, 143419
Befreiung des Generalunternehmers
Der Generalunternehmer hat zwei Möglichkeiten sich zu entlasten. Entweder er weist nach, dass er einen präqualifizierten Nachunternehmer beauftragt hat oder er entlastet sich durch die Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung.
Präqualifizierter Nachunternehmer
Der Generalunternehmer kann sich gemäß § 28e Abs. 3 b Satz 2 StB IV iVm § 150 Abs. 3 SGB VII aus der Haftung exkulpieren, soweit er nachweist, dass sein Nachunternehmer präqualifiziert ist.
Eien Präqualifikation liegt vor, wenn die Voraussetzungen nach 6a VOB erfüllt sind. Hierzu hat das Unternehmen unter anderem folgende Punkte nachzuweisen.
- Umsatz der letzten drei abgeschlossenen Jahre, soweit Bauleistungen betroffen sind
- Verlgeichbare Umsätze der letzen fünf Jahre
- Anzahl der Arbeitskräfte, nach Lohngruppen
- Eintragung im Berufsregister
- Angaben über Insolvenz
- Angaben über Liquidität
- Nachweis über Zahlung von Steuern und Abgaben
- Und weitere Voraussetzungen
Das Unternehmen kann diese Präqualifikationsprüfung durch ein unabhängiges Unternehmen vorab durchlaufen und wird in diesem Fall entsprechend gelistet.
Unbedenklichkeitsbescheinigung
Darüber hinaus kann sich der Hauptunternehmer durch die Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung der Einzugstelle entlasten. Dabei ist darauf zu achten, dass diese Unbedenklichkeitsbescheinigungen jeweils nur drei Monate gültig sind. Ferner ist die angegebene Zahl der Beschäftigten zu beachten. Zwischen den durchgeführten Arbeiten und der angegebenen Zahl der Beschäftigten muss ein plausibler Zusammenhang bestehen.
Muss der Hauptunternehmer Auskunft erteilen
Nach § 28e Abs. 3 c SGB IV besteht die Verpflichtung des Hauptunternehmers den Einzugstellen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Auskunft zu erteilen. Diese bezieht sich auf die Firma und Anschrift des Unternehmens.
Bemessungsgrundlage für die Haftung
Maßgeblich für die Haftung der Klägerin ist ein fiktiver nach § 167 SGB VII berechneter Beitrag auf der Grundlage der Umsätze, welche der Nachunternehmer mit dem Generalunternehmer getätigt hat (SG Karlsruhe Urt. v. 19.9.2006 – S 14 U 1220/06, BeckRS 2011, 68095, beck-online).
Beschränkung auf die Umsätze mit Nachunternehmer
Ob die Grenze von 275.000,00 Euro überschritten ist, richtet sich zwar nach den an alle Nachunternehmer vergebenen Aufträgen. Der Haftungsumfang ist jedoch auf das konkrete Verhältnis zum jeweilig maßgebelichen Nachunternehmer beschränkt. Denn nur dies kann der Generalunternehmer prüfen (SG Karlsruhe Urt. v. 19.9.2006 – S 14 U 1220/06, BeckRS 2011, 68095, beck-online).
Umfang der Haftung
Grundsätzlich richtet sich der Umfang nach der Summe der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte. Der sogenannten Lohnsumme. Hierzu hat der Generalunternehmer mitzuteilen, welche Arbeitnehmer des Subunternehmers wann, wie viel und zu welchen Konditionen auf seiner Baustelle gearbeitet haben.
Ist der Generalunternehmer hierzu nicht in der Lage, ist die Einzugstelle berechtigt die Lohnsumme anhand einer Quote zu den Nettoumsätzen zu schätzen. (LSG Rheinland-Pfalz Urt. v. 25.8.2020 – L 3 U 82/19, BeckRS 2020, 32593 Rn. 26, beck-online). Hierbei wurde von der Rechtsprechung von 50 % und 75 % angenommen (SG Karlsruhe Urt. v. 19.9.2006 – S 14 U 1220/06, BeckRS 2011, 68095, beck-online).
Zuständigkeit für die Geltendmachung
Die Haftung wird geltend gemacht durch die Einzugstellen. Hierbei ist zwischen den Beiträgen für die Gesamtsozialversicherung und der Unfallversicherung zu differenzieren.
Für den Einzug der Gesamtsozialversicherung sind als Einzugstellen die Krankenkassen zuständig. Für den Einzug der Unfallversicherung hingegen die Berufsgenossenschaft, wie z.B. die BG Bau.
Was ist zu tun?
Vermeidung der Haftung
Um eine Haftung zu vermeiden ist sicher zu stellen, dass ein lückenloser Nachweis über die Zuverlässigkeit der Nachunternehmer vorliegt. Entweder durch die Präqualifikation oder über das vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigungen.
Abwehr von Haftungsansprüchen
Sollte es dennoch zu einer in Anspruchnahme kommen, lohnt sich eine Prüfung des Einzelfalls.